Mitverfasser: Otto Wittstock, bei dem ich Altgriechisch hatte.
Kategorie: Lesen
Juli Zeh, Über Menschen
Juli Zeh spielt natürlich auf Unter Leuten an. Es gibt aber nicht wirklich eine Verbindung, außer daß der Handlungsort hier wie dort ein brandenburgisches Dorf in der Pampa ist. Den Titel finde ich reichlich bemüht, Übermenschentum findet trotz eines Nazis nicht statt.
Es ist ein Roman geworden über die Großstadt gegen das Kaffdorf, über Berliner hedonistische Pseudo-Intellektuelle und Dorfbewohner, deren Problem komplett andere sind, über eine Vater-Tochter-Beziehung, über den Dorfnazi, der ein liebender Vater ist, über die Berliner naive, liberale Städterin, über Corona und wie es die Abgehobenheit der Politik vom Leben herausschält, über Freundschaft und Haß, über den Tod. Über Menschen halt.
Die Heldin Dora (Achtung Klischee: Werbeagentur, Berliner Altbauwohnung, Freund Greta-Groupie), 35 Jahre, hat eine kleine Midlife-Crisis, trennt sich von ihrem Freund, kauft ein heruntergekommenes Haus irgendwo im brandenburgischen und zieht dorthin um.
Zum Haus gehört ein übergroßes verwuchertes Grundstück, so ist das nun einmal in der Pampa, das sie beackert unter Anleitung von Youtube-Videos. Gleich am Anfang stellt sich der Nachbar vor: “Ich bin hier der Dorf-Nazi.” Und ganz zweifellos ist er ein Nazi.
Über die erste Buchhälfte werden weitere (Neben)Figuren eingeführt: Das schwule Pärchen, das AFD wählt. Ein anderer Nachbar, der rassistische Witze auf Fips-Asmussen-Niveau jedem erzählt, der es nicht hören will. Die alleinstehende junge Mutter mit blauen Haarsträhnen, die Nachtschicht schiebt, damit sie ihre zwei Schulkinder wenigstens noch morgens sehen kann. Der Übervater, bedeutender Hirnchirurg, der mit seinem Jaguar ständig zwischen der Charité und dem Wohnort Münster pendelt. Und noch ein paar mehr.
Die eigentliche Geschichte ist die von Dora und Gote, dem Nazi-Nachbarn, und dessen Tochter (8 Jahre? Weiß nicht mehr) Franzi. Keine Angst, keine Liebesgeschichte, aber doch die einer Art Freundschaft. So hilft Gote unaufgefordert Dora, baut ihr ein Bett, die drei malern zusammen im Haus.
Das ist alles ziemlich klischeehaft, und das hat mich anfangs gestört. Jedoch: Das muß so. Juli Zeh entwirft ihre Figuren, entwirft die Bühne (sie selber wohnt ja in einem brandenburgischen Dorf) und läßt sie dann aufeinander los.
Das ist immer spannender zu lesen mit jedem Kapitel.
Die letzen beiden, Gotes Tod und sein Begräbnis, aber vor allem Franzis Schicksal im letzen Kapitel, haben mich dann arg mitgenommen, ja, ich habe geweint.
Zehs Schreibe ist nüchtern und einfach. Hauptsatz, Nebensatz, Hauptsatz. Das ist kein sublimer Stil, paßt aber zu den Figuren und zum Land. Und sie hat feinen Humor, vor allem dort, wo sie die Lebensfremdheit der “Kreativen” in ihren sozialen Filterblasen aufs Korn nimmt.
Man kann dem Roman vorwerfen: er menschelt mit dem Nazi. Zeh läßt keinen Zweifel aufkommen: Gote ist ein Nazi. Wer bei Bier mit den Nazi-Kumpels das Horst-Wessel-Lied grölt, ist ein Nazi. Und doch ist er auch ein hilfsbereiter Nachbar und liebender und sorgender Vater.
Leser, die sich ihr Weltbild aus der 280-Zeichen-Filterblase zurechtservieren lassen, werden damit möglicherweise nicht klar kommen.
Gerne hätte ich gewußt, wie es mit Franzi weitergeht. Wer weiß, vielleicht gibt es ja einen Nachfolgeroman?
Leseempfehlung? Bis ca. zur Hälfte war ich mir nicht sicher. Die Figuren sind Stereotypen, sie stehen für einen Menschentyp, sie entwickeln sich nicht. Doch dann kommt Fahrt auf: Das Verhältnis Dora — Gote — Franzi entwickelt sich doch spannend, und man nimmt Anteil — bis man eben am Ende flennt.
Also: Leseempfehlung!
#ausgelesen
Umberto Eco, der Friedhof in Prag
Man sollte dieses Buch einmal lesen. Dann sollte man neuzeitliche italienische und französische Geschichte studieren, dann den Roman nochmal lesen. Dann europäische Religionsgeschichte und französische Literatur studieren, ein paar Jahrzehnte über diese Felder forschen und dann den Roman nochmal lesen.
Hab’ ich alles nicht, und so stehe ich nach Ende der Lektüre mit offenem Maul da: Woher hat der Mann all das Wissen, was für ein Gehirn hat er, all die fast unsichtbaren Querverbindungen zu finden, wann hat der all die Quellen gelesen und wie in seinem Gehirn aufbewahrt? Mir kommt Sherlock – Sein letzter Schwur in den Sinn, Magnussens Gedankenpalast. Eco war unfaßbar gebildet, und das macht die Lektüre zum Genuß, aber auch zur ständigen Herausforderung — deshalb mein scherzhafter Vorschlag Lesen — Studieren — Lesen — Studieren — Lesen.
Die Geschichte ist wild: Sie spielt in Italien und dann in Frankreich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der “Held” namens Simonini ist ein Dokumentenfälscher und wird während des Romans zum vielfachen Mörder. Er nimmt an Garibaldis Feldzügen teil, die nach der Eroberung des Kirchenstaates in der italienischen Einigung enden. Danach lebt er in Paris (wo er auch den jungen Sigmund Freud kennenlernt), dient sich erfolgreich diversen Geheimdiensten an, erlebt die Pariser Kommune, er ermöglicht mit seinen Fälschungen die Dreyfus-Affäre; sein größter “Erfolg” aber ist die Miterfindung der Protokolle der Weisen von Zion. Allein wie Eco die Geschichte der Protokolle aufdröselt ist großartige Literatur.
Simonini haßt Frauen, noch mehr haßt er Juden.
Das ist dann auch das eigentliche Thema des Romans: der Antisemitismus als größte Verschwörungstheorie der Geschichte. Antisemitismus hat eine ganz lange Geschichte, und im Frankreich des ausgehenden 19. Jahrhunderts war er offensichtlich Mainstream, durch alle religiösen und politischen Lager (ja, auch bei den Linken)
Eco war auch ein Schalk: Das ist nicht einfach ein Roman, aus einer Ich- oder einer Erzählerperspektive geschrieben. Nein. Simonini schreibt ein Tagebuch, das ist die Grundlage des Romans. Aber Simonini ist auch schizophren, sein alter ego ist ein Abbé, der seinerseits das Tagebuch ergänzt und berichtigt. Und noch: Beide treten in Dialog, reden in dem Tagebuch (aber nicht realiter) miteinander, streiten, beleidigen sich gar.
Doch damit nicht genug, es tritt dann noch eine dritte, kommentierende Person auf, namenlos, sie nennt sich nur der ERZÄHLER. Da kann einem schon mal der Kopf schwirren 🙂
Ja aber auch das ist nicht genug: Eco wäre nicht er, würde er nicht mit dem Leser spielen. Und so sind ALLE (bis auf Simonini und natürlich den Abbé) Personen in dem Roman, und das sind verdammt viele, historisch belegt. Und sie handeln in dem Roman so, wie sie auch zu Lebzeiten gehandelt haben.
Das wird mit einem ausführlichen Personenverzeichnis belegt, dazu kommt eine ausführliche Zeittafel.
Kurz: Wahnsinn!
Noch eine Bemerkung zur Ausgabe: Ich lese ja fast ausschließlich Kindle, in diesem Falle war es ein Fehler: Das Buch ist lieblos gesetzt, zwei- und anderthalbzeilige Abstände springen wild durcheinander, Fontgrößen ebenso, es gibt recht viele zeitgenössische Illustrationen (die naturgemäß auf einem E‑Reader eher nicht gut aussehen). Fußnoten sind halbherzig umgesetzt — aber was gar nicht geht: Man hat kein X‑Ray verwendet, eine Technologie, wie geschaffen für Bücher mit vielen Personen, vielen Handlungsorten wie hier.
Kurz: die gebunden Ausgabe wäre wohl sinnvoller gewesen.
Leseempfehlung? Wollt ihr mich verarschen?
#ausgelesen
Ausgelesen: Christoph Hein, Trutz
Eine deutsche und eine sowjetische Familiengeschichte, beginnend im Berlin der späten 1920-er Jahre, endend in Wittenberge in den 2000-ern, also ganz fraglos eine Jahrhundertgeschichte.
Das Buch hat drei Teile, man könnte sie nennen: Deutschland, Sowjetunion, DDR/Deutschland
Teil eins: Deutschland
Die Geschichte: Ein Bauernjunge, Rainer Trutz, aus Vorpommern sieht für sich auf dem heimatlichen Hof keine Lebenschance (der ältere Bruder wird den Hof erben) und zieht nach Berlin, um dort Schriftsteller zu werden.
Nach vielen Entbehrungen kann er einen kleinen, leicht schlüpfrigen Roman veröffentlichen, doch zum Leben reicht das nicht, zumal der Verleger ihn über den Tisch zieht.
Ein zweiter Roman, es ist wohl kurz vor der Machtübernahme der Faschisten, wird anfangs wohlwollend in der Provinzpresse besprochen, jedoch in der rechten Presse verrissen (der Roman ist völlig unpolitisch und behandelt das Leben in einer deutschen Provinzstadt) In der Folge gibt es keine weiteren Rezensionen mehr (außer den politisch motivierten Verrissen)
Die Weltbühne meldet sich bei Trutz, ob er eine Rezension schreiben könne zu einem Reisebuch deutscher linker Schriftsteller durch die Sowjetunion. Trutz nimmt sofort an, schließlich kann die Weltbühne als intellektuelles Magazin ihm den Weg in die ernstzunehmende Literatenszene eröffnen. Allerdings erweist sich die Sache als schwierig: das zu rezensierende Buch ist voller blauäugiger Jubelgeschichten auf Stalin, Trutz sieht es sofort. Was soll er machen? Er hat zugesagt, kann aber nicht positiv rezensieren, weil das Buch eben Propaganda ist. Ablehnen kann er auch nicht, die Verlockung, als Weltbühne-Autor zu gelten, ist zu groß.
So schreibt er dann eine positive Rezension, die aber amüsiert durchblicken läßt, daß er die Autoren für naiv hält.
In der Zwischenzeit haben ihn die Nazis auf ihrer Liste, es wird bei ihm eingebrochen, die Polizei steht erkennbar auf Seiten der Nazis. Rainer und seine Frau Gudrun, eine engagierte Gewerkschafterin, beginnen um ihr Leben zu fürchten. Sie müssen raus aus Deutschland, doch nirgendwo bekommen sie ein Visum. Schließlich bekommen sie doch Visa für die Sowjetunion, das stand so nicht auf ihrem Plan, ist aber die einzige Möglichkeit, aus Deutschland rauszukommen.
Sie wandern nach Moskau aus, es ist 1933.
Teil zwei: Sowjetunion
Rainer hofft, als Redakteur oder ähnliches unterzukommen, aber das wird nichts, es gibt einfach zu viele ausgewanderte Schreiber. Und so muß er in einer Brigade arbeiten, die die Moskauer Metro mitbaut. Das ist harte Knochenarbeit, schlecht bezahlt, die Ausrüstung ist erbärmlich — aber er schafft das. Gudrun hat Arbeit in einer Schokoladenfabrik, ihr gefällt es dort, sie ist geachtet.
Schnell lernen beide, daß es ungeschriebene Regeln gibt, zuerst: Stalin ist ganz unzweifelhaft ein heiliges Genie, das darf unter keinen Umständen angezweifelt werden. Eine eigene Meinung wozu auch immer behält man im engsten Freundeskreis.
Sie bekommen ein Kind, einen Sohn, und nennen ihn Maykl. Sie sind jetzt integrierte Moskauer, haben sich an die sowjetischen Verhältnisse angepaßt.
Irgendwann lernen sie einen Professor der Lomonossow-Universität kennen, Waldemar Gejm, der sich mit Mnemotechniken beschäftigt. Er selber hat einen Sohn im Alter von Maykl, Rem, beide Kinder, sie sind etwa drei Jahre alt, befreunden sich. Gejm sammelt einen Kreis um sich, an dem er seine Mnemonik austestet. Hier kamen mir dann beim Lesen erste böse Vorahnungen auf: Zu dem Kreis gehören zwei Offiziere von Tuchatschewski und der Theaterregisseur Meyerhold. Man ahnt, daß das nicht gut ausgehen wird — und es geht nicht gut aus.
Meyerhold und die beiden Offiziere verschwinden. Es ist die Zeit der Moskauer Prozesse, des großen Terrors. Rainer wird die Rezension in der Weltbühne zum Verhängnis, er wird verhaftet und zu Zwangsarbeit in Workuta verurteilt. Gudrun und Maykl können ihn noch ganz kurz sehen bei Besteigen der Transportwaggons — dann ist er weg. Die Reise nach Workuta ist beschwerlich, die letzen paar Hundert Kilometer müssen die Häftlinge, entkräftet und unterernährt, zu Fuß zurücklegen. Gerade angekommen im Lager, wird Rainer sofort seiner paar Habseligkeiten beraubt und dann erschlagen.
Gudrun erfährt von alledem nichts, wird etwas später ebenfalls deportiert, nach Tscheljabinsk. Sie stirbt dort an Entkräftung.
In der Zwischenzeit wurde Waldemar Gejm ebenfalls verhaftet, er kommt ebenfalls nach Tscheljabinsk, zunächst als Lehrer. Die Jungs Maykl und Rem sehen sich wieder und sind überglücklich, einander zu haben. Doch nach Gudruns Tod ist Maykl Vollwaise, die Gejms nehmen ihn auf und stellen einen Antrag auf Adoption, von dem sie nie wieder etwas hören. Aber der Fleischwolf dreht weiter: Gejm verliert seine Lehrerstelle und muß in eine Holzfällerbrigade. Er stirbt dabei.
Mittlerweile ist der Krieg vorbei, alle hoffen, daß sie nun wieder in ihre Heimat zurück dürfen — doch nein, die Situation ändert sich nicht. Maykl wird nach Moskau in ein Waisenheim gesteckt. Dort ist er dank der Mnemotechniken von Waldemar Gejm ein ausgezeichneter Schüler. Es wird ihm angeboten, als Deutscher in die DDR auszureisen, was er nach einiger Überlegung annimmt. Zu seinem Freund Rem hat er keinen Kontakt mehr.
Teil drei: DDR/Deutschland
In Leipzig dann macht Maykl ein ausgezeichnetes Abitur und beginnt Geschichte zu studieren. Er ist ein sehr guter Student, allerdings nicht Mitglied der FDJ. Angesprochen darauf, erklärt er warum nicht: Der Kommunismus hat seinen Vater und seine Mutter umgebracht, er kann folglich kein Mitglied einer kommunistischen Organisation werden. Damit ist seine Karriere als Historiker erledigt. Er beendet sein Studium und studiert weiter Archivwissenschaft, bekommt eine Stelle, eine schöne Wohnung.
Eines Tages findet er in Archiven eindeutige Belege, daß ein Mitglied des Zentralkomitees der SED früher Mitglied bei NSDAP und SS war. Da Maykl das nicht unter den Tisch kehrt, wird er ins Goethearchiv nach Weimar strafversetzt — der Goethe ist so lange tot, da läßt sich nichts politisch gefährliches finden.
Dann kommt die Wende, und ein neuer Chef in Weimar: Maykl findet heraus, daß genau dieser seine Zwangsversetzung nach Weimar betrieben hatte. Jetzt, nach der Wende, will Maykl rehabilitiert werden und verklagt diesen Chef. Doch es gibt keine Akten mehr, die sind alle vernichtet, Maykl kann nichts beweisen und verliert den Prozeß.
Daraufhin wird er nach Wittenberge strafversetzt, in ein Provinzarchiv.
Dort wird er eines Tages von seinem Jugendfreund Rem besucht, nach 50 Jahren. Die beiden haben sich natürlich viel zu erzählen, Rem erzählt, daß er dem Leben seines Vaters hinterherforscht in russischen Archiven. Man beschließt, daß die Maykl und seine Frau Rem und seine Frau in Moskau besuchen werden.
Das Ende: Rem wird in seiner Moskauer Wohnung erschlagen, die Mörder nehmen die Computerfestplatte und alle schriftlichen Unterlagen mit.
Alle sind tot Rem, meine Eltern, Waldemar Gejm, Lilija, alle, nur ich nicht.
Damit endet das Buch.
Harter Stoff.
für mich ist der zweite Teil der beeindruckendste. Die stalinsche Mordmaschine, vor der es kein Entrinnen gibt. Es ist wie bei Orwells 1984: Nirgends gibt es Hoffnung, die Entwicklung kennt nur eine Richtung: die absolute Vernichtung jeder Menschlichkeit.
Hein schreibt sachlich, schnörkellos. Er selber bezeichnet sich als Chronisten, und das paßt. Gerade diese Sachlichkeit macht die Lektüre manchmal schmerzhaft, etwa wenn beschrieben wird, wie der 7‑jährige Maykl seine tote Mutter entdeckt und nicht weinen kann — er hat schon zu viele tote Menschen gesehen. Das sind Szenen, da kann man schon mal weinen oder das Buch aus der Hand legen, weil man nicht weiterlesen kann.
Der dritte Teil ist leider für mein Empfinden schwach geworden, den hätte ich mir auf die Länge eines Epilogs zusammengestrichen gewünscht.
Leseempfehlung? Schwierig. Für am Thema interessierte auf jeden Fall.
Ich finde die Erinnerung, daß der Stalinismus im eigenen Land Millionen eigener Bürger umgebracht hat, immer wieder erschreckend. Man weiß es ja, aber dennoch.
#ausgelesen
Ausgelesen: Daniil Granin, Mein Leutnant
Was für ein Thema. Der Autor hat von Anfang an an der Verteidigung Leningrads gegen die Wehrmacht teilgenommen.
Nur zum Luft holen: 900 Tage Belagerung, über eine Millionen Tote in Leningrad, nicht an Herzinfarkt oder Kopfschuß gestorben, sondern an Hunger, Typhus, Skorbut…
Eine. Million. Tote. In. Einer. Einzigen. Stadt.
Eine. Million. Tote. In. Einer. Einzigen. Stadt.
Eine. Million. Tote. In. Einer. Einzigen. Stadt.
Granin war Anfang 20, als er sich als Leningrader selbstverständlich zur Volkswehr (das scheint — Zonis werden es kennen — so eine Art Zivilverteidigung gewesen zu sein) meldete, in Erwartung der Deutschen.
Der Roman ist 2011 erschienen, Granin Jahrgang 1919, er war also über 90 bei Erscheinen. Allein deswegen muß man das Buch lesen.
Er konstruiert raffiniert: Da ist D. (was für Daniil steht): ein leicht naiver junger Mann, frisch verheiratet, der Leningrad verteidigen will. Und da ist “der Leutnant”, Granins alter Ego, ein Panzerkommandeur, am Krieg gebrochen, verbittert. Und der alte Autor selber im Rückblick auf sein Leben in und nach dem Krieg.
Und dieser Rückblick ist eine schonungslose, ehrliche Abrechung mit dem Stalinismus, hier in Form der mörderischen sowjetischen Armeeführung.
Diese »Schützengrabenwahrheit« passte nicht zu der Wahrheit der Memoiren von Generälen, zur Wahrheit der Stäbe, den Berichten des Informationsbüros, den Zeitungsartikeln. Die Soldaten jedoch hatten ihre eigene bittere Wahrheit: fliehende Truppen, die ihre Führung verloren hatten, eingekesselte Divisionen und Armeen, aus denen sie zu Zehntausenden in Gefangenschaft gerieten, verbrecherische Befehle von Kommandierenden, die ihre Vorgesetzten mehr fürchteten als den Gegner.
Und weiter:
Ich weiß nicht, wer sich die Losung »Tod den deutschen Okkupanten!« ausgedacht hat, aber sie wurde zu unserem ideologischen Banner. Die Okkupanten sollten nicht aus dem Land gejagt, sie sollten getötet werden. Als wir von Hitlers Plan zur Vernichtung der Slawen erfuhren, ging der Krieg in einen Mordfeldzug über. Wir werden sie auch vernichten. »Tod den deutschen Okkupanten!« Auf diese Weise verwandelte sich der Krieg Ende 1941 in eine Vernichtungsmaschinerie.
Wohlgemerkt: Der Krieg ging auch in einen Mordfeldzug gegenüber den Deutschen über. Als junger Mann hatte ich Ilja Ehrenburg gelesen — der Mann war ein Mordagitator. Denken wir kurz an Demmin (nur lesen, wenn ihr stark seid)
Granin beschreibt seine Monate und Jahre im Schützengraben vor Leningrad, nicht ohne Absurditäten:
Im Niemandsland gab es eine Schlucht, in der – wie auch immer – ein Schwarzmarkt entstanden war. Die Händler hinterließen einander etwas, vielleicht warfen sie es auch rüber. Die Deutschen tauschten ihr Weißbrot gegen Machorka, denn sie mochten unseren starken Tabak. Für uns war Weißbrot ein Leckerbissen. Außerdem übten Wodka, Filzstiefel und selbstgebaute Steinschloss-Feuerzeuge eine große Anziehungskraft auf sie aus. Wir tauschten bei ihnen Toilettenseife, Salbe gegen Geschwüre und Briefpapier ein.
Das ist nur scheinbar lustig, in Wirklichkeit passierte eins in den Schützengräben: Es wurde verreckt. Und die eigenen Leute wurden verheizt in immer neuen sinnlosen Angriffswellen, was zu immer mehr Toten im Niemandsland führte, die dann eben so rumlagen (man muß sich vorstellen, daß die sowjetischen und deutschen Schützengräben teils nur 150 Meter auseinander lagen.
Als die Deutschen dann anfingen, die Leichen wegzuräumen, wurde uns befohlen, auf sie zu schießen, aber ehrlich gesagt, wir haben nicht geschossen, und selbst wenn wir schossen, dann eher nach oben, um Krach zu machen, denn wir waren ihnen dankbar, dass sie diese verwesende Masse wegschleppten.
Da ist kein Heldentum, nirgends.
Der Krieg verläßt Rußland, Leningrad wurde für einen irren Preis gehalten. Paris zum Beispiel wurde zur offenen Stadt erklärt, die Wehrmacht ist einfach reinmarschiert. Hitler wollte Leningrad nicht erobern, er wollte es durch Hunger auslöschen. Die Wehrmacht hätte Leningrad erobern können.
Granin geht nicht weiter mit seiner Panzerbrigade, sondern er wird demobilisiert und kehrt zu seiner Frau zurück.
Und hier fängt der zweite Teil an: Er ist Mitte 20 und gebrochen. Er säuft, geht fremd, kommt tagelang nicht nach Hause, wobei dieses “Zuhause” irgendein Rattenloch ist, das er, seine Frau und das Kind teilen müssen. Es ist nach dem Krieg und vor Stalins Tod. Es werden noch immer Menschen unter absurdesten Vorwürfen gefangen genommen, deportiert, ermordet. All das beschreibt Granin nüchtern, als Zeitzeuge.
Im Epilog dann redet er mit einem Deutschen, lädt ihn sogar zu sich nach Hause in die Küche ein. Das ist ein versöhnlicher Ausklang.
Und: Das ganze Buch durchzieht wie ein Geruch, den man nur ab und an wahrnimmt, der dann aber vertraut ist: eine unendliche Liebeserklärung an seine Frau.
Aber nun hatte sie seinen Kopf an sich gedrückt, er legte die Arme um sie, schmiegte sich an, und all das war zu Ende. Was bedeutete es schon, wenn es das hier gab, man konnte es für immer vergessen, wenn sie nur zusammen waren. Sie saßen beim Abendbrot, D. sah sie an, er konnte zuschauen, wie sie immer schöner wurde, wie sich ihre Wangen röteten, die Haare zu glänzen begannen.
Dieses Buch gehört unbedingt zu denen, die ich auf eine Insel mitnehmen würde.
Leseempfehlung? Natürlich!
#ausgelesen
Gunnar Decker, Zwischen den Zeiten
Bei aller Kritik, die noch kommen wird: ein wichtiges Buch. Der Autor ist unwesentlich jünger als ich, hat jedenfalls bis zur Ende einen ähnlichen Werdegang gehabt, ich kann nachvollziehen, was er schreibt.
Zwischen den Zeiten hat im Wesentlichen die Kultur- und Kunstgeschichte der DDR zwischen der Ausbürgerung Biermanns 1976 und dem Wegfall der DDR 1990 zum Gegenstand. Vor der Folie des Stalinismus in der Sowjetunion und der DDR, wobei seine These ist, daß es in der DDR zwar nicht die monströsen stalinschen Verbrechen gab, aber eben auch nie einen wirklichen Bruch mit stalinistischen Denk- und Handlungsmustern. Und mit der Zäsur 1985: Gorbatschow und mit ihm Perestroika und Glasnost, wobei es Decker natürlich zuerst um Glasnost geht — seine Themen sind schließlich Kunst und Literatur.
Im Prolog macht Decker deutlich, worum es ihm geht: Als ehemaliger DDR-Bürger die Deutungshoheit über die DDR-Geschichte zurückzugewinnen, bei ihm heißt das Die Aneignung der eigenen Geschichte durch die Akteure dieser Geschichte.
Die Akteure seiner Geschichten sind vor allem die erste Liga der DDR-Literatur: Christa Wolf, Franz Fühmann, Jurek Becker, Stephan Hermlin, Heiner Müller, Stefan Heym — Dutzende, darunter auch bildende Künstler wie Mattheuer und Tübke. Filmemacher (Konrad Wolf), Schauspieler, er greift in die volle Kiste. Das Buch ist voller Informationen, der Autor hat gründlich recherchiert und steuert ein umfassendes Literaturverzeichnis bei.
Dazu die sowjetischen Schriftsteller und Filmemacher: Bulgakow, Aitmatow, Granin… Abuladse (komischerweise nicht Tarkowski, vielleicht weil der nicht den Stalinismus zum direkten Gegenstand hatte)
Er zeichnet ein Bild einer grauen, sterbenden Gesellschaft, mit Schriftstellern, die ebenfalls nicht atmen können — und, das ist ja schon lange meine These: das gebiert Kunst. Er zitiert Christop Hein:
Es ist eine Merkwürdigkeit, dass ein raueres Klima schönere Blumen hervorbringt. Das spricht nicht für das rauere Klima, Kunst ist eine seltsame Pflanze.
Das ist doch schön formuliert?
Manche geben auf, machen rüber, Jurek Becker, Manfred Krug, Sarah Kirsch, noch viele mehr. Andere bleiben und leiden im Stillen, vor allem an der Zensur. Doch die wird nach 1985 (Gorbatschow) immer zahnloser, und so liest man, daß kurz vor dem Untergang die Zensur faktisch aufgegeben hatte, sehr zur Überraschung der bislang Zensierten.
Aber da war es schon zu spät, die DDR konnte nur noch sterben, die Agonie war nicht mehr zu übersehen. Jedenfalls sage ich mir das heute, 30 Jahre später, vielleicht zu Unrecht?
Überhaupt: Die Fragezeichen. Die setzt Decker in Überzahl ein, weil er viele Fragen stellt. Beziehungsweise: sie seine Gegenstände indirekt stellen läßt.
Und da komme ich zu meiner Kritik: Der Stil. Anfangs las sich das gut, aber so etwa ab der Hälfte wurde es mir immer gezierter, gedrechselter, verschwurbelter. Und ich muß auch nicht zum drölften Male daran erinnert werden, wie bleiern alles war. So wurde das Lesen nach hinten heraus immer schneller, weil ich ganze Passagen nur noch überflog. Was eigentlich Unrecht ist, denn ihm fallen immer wieder neue, überraschende Bilder ein — allerdings zur immer derselben Aussage.
Dazu: Der Autor ist unheimlich belesen. Er hat Philosophie studiert, und leider verleitet ihn das zu exzessivem Namedropping: “Oder, um es mit [Diderot|Voltaire|Kant] zu sagen…” das ist oft ärgerlich, weil es oft nur eine sehr losen oder auch gar keinen Bezug zum Thema hat. Manchmal scheint es, als würde Decker sich selber gerne lesen.
Das Buch könnte um ein Viertel gekürzt werden, ohne Verluste.
Das Buch ist keine wissenschaftliche Abhandlung, auch kein Roman, nein, das ganz und gar nicht. Vielleicht eine Sammlung von Feuilletons zu einem gemeinsamen Thema.
Leseempfehlung? Ja, wenn
- Du generell an Kunst und Literatur im Spannungsfeld zur Politik interessiert bist
- Du speziell an DDR- und BRD-Geschichte interessiert bist
- Du Dich für Spätwirkungen des Stalinismus interessierst
- sowieso open minded bist
Ansonsten eher nein.
Ich habe es interessiert gelesen, und werde wohl das eine oder andere DDR-Buch erneut lesen.
#ausgelesen
Laura Spinney, 1918 — die Welt im Fieber
So, nach einigen Wochen habe ich dieses Buch nun endlich #ausgelesen. Ich kann gar nicht sagen, warum es so lange gedauert hat, am Stil liegt es sicherlich nicht: Das Buch liest sich gut. Und doch habe ich abends im Bett selten länger als fünf Minuten lesen können bis zur Müdigkeit.
Egal: Wie der Titel sagt, geht es um die “spanische Grippe”, die etwa von 1918 bis 1920 über die ganze Welt kam — eine Pandemie eben, wir wissen, was das ist.
Das Buch kam 2017 heraus, also nach SARS 2002 und Schweinegrippe 2009, aber vor COVID-19.
Es ist ein populärwissenschaftliches Buch im besten Sinne, wie es scheinbar die Angloamerikaner besser als die Deutschen können, bei uns ist “populärwissenschaftlich” ja immer noch leicht anrüchig. Die Autorin schreibt flüssig und faktenreich — was mir besonders gefällt: es ist alles durch umfangreiche Literaturverweise belegt, wobei auffällt, daß das Gros dieser Belege nicht aus dem Internet kommt, sondern aus Artikeln in Fachzeitschriften. Das gefällt mir, bedeutet es doch, daß die Autorin sich intensiv mit der Materie beschäftigt hat (was man übrigens auch aus den Danksagungen herauslesen kann)
Kurz: Die Autorin reitet nicht die Corona-Welle (wie auch, Erscheinungsjahr 2107), und ist gerade deswegen lesenswert und aktuell.
Das Buch fällt in zwei Teile: Im ersten wird die Ausbreitung der Grippe untersucht, auch, woher sie vielleicht stammt (das ist nicht ganz eindeutig, jedenfalls aber nicht aus Spanien) Und der Zusammenhang zwischen der Grippe und dem ersten Weltkrieg. Fraglos hatte die Grippe massive Auswirkungen auf den Krieg, ja, man kann sicherlich sagen: ohne die Grippe wäre der Krieg anders verlaufen. Nach der Lektüre wird man den ersten Weltkrieg vielleicht ein wenig besser verstehen.
Schon in diesem ersten Teil wird reichlich kühn und unvermittelt zwischen den Jahrhunderten und den Kontinenten hin- und hergesprungen. Das reicht von der vorchristlichen Antike bis heute, von China und Amerika bis Afrika und dem Rest der Welt. Das ist teilweise ermüdend, und manchmal scheinen mir die Querverbindungen eher mit Macht gezogen worden zu sein
Das gilt dann mehr noch für den zweiten Teil, der sich eher mit den Folgen der spanischen Grippe für die Wissenschaft und Gesellschaft bis heute beschäftigt. Da geht es viel um Virologie, Gesundheitspolitik. Im Nachhinein sage ich für mich: Den Teil hätte man deutlich kürzen können, als Leser kann man gerne schräg lesen.
Insgesamt: Ein augenöffnendes Buch. Denn es ist durchaus nicht so, daß unsere jetzige Situation aus dem Nichts gekommen wäre. Ein Beispiel: World invests too little and is underprepared for disease outbreaks — und dergleichen gibt es viele andere. Man wußte schon damals, daß die Grippe eine Viruserkrankung ist, auch wenn das Virus selbst erst weit später gefunden wurde. Man wußte, daß Masken helfen, Abstand halten, Schulen schließen… Und auch die Covidioten gab es schon damals. Das ist alles nicht neu, erschreckend ist, wie wenig wir gelernt haben.
Leseempfehlung? Ja!
Eine Leseprobe gibts hier, interessanterweise bei der Bundeszentrale für politische Bildung.
Detlef Lotze: Griechische Geschichte
Zu diesem Büchlein hebe ich ein besonderes Verhältnis — vor mehr als 30 Jahren hatte ich beim Autor Vorlesungen in Alter Geschichte, ich denke, auch Seminare in Epigraphik, wenn ich mich richtig erinnere.
Die Vorlesungen, Seminare, Übungen waren ein Graus. Der Mann war ein wandelndes Lexikon, der wußte ALLES (über griechische Geschichte) und war dabei staubtrocken wie die ganzen Bücher in den Regalen, die er durchgearbeitet haben muß.
Nun ja: Ich werde älter und stelle immer öfter fest, daß es noch einiges nachzuholen und aufzuarbeiten gilt im immer kürzer werdenden Restleben — warum also nicht mal mit dem Althistoriker von damals?
Das Buch ist genauso knochentrocken wie sein Autor es war. Eine endlos lange Kette an Hauptsätzen, in die sich nur versehentlich ab und an ein Nebensatz verirrt hat.
Wer mal auch nur den Anfang der Genesis gelesen hat, der wird wissen, was ich meine. Nur folgen bei Lotze Schlacht auf Schlacht, Herrscher auf Herrscher, Söhne auf Väter. Und so quält man sich denn durch das ganze Buch — Lesevergnügen ist was anderes.
Belege via Fußnoten gibt es keine, man muß dem Autor vertrauen (gelegentlich merkt er an, daß etwas umstritten sei, das ist aber eher selten) — im Prinzip ist das ein ausufernder, riesenlanger Lexikonartikel, der aus der Hochzeit des Positivismus im 19. Jahrhundert stammen könnte. (Dazu sei aber eingeschoben: In seinen Lehrveranstaltungen legte er großen Wert auf die Feststellung, daß man allen Überlieferungen erstmal skeptisch begegnen solle, insbesondere bei allzuglatten Zahlen: 10.000 Griechen gegen 100.000 Perser und ähnliches)
Am Ende gibt es zwei Nachwörter, eine recht nützliche Zeittafel, eine umfangreiche Literaturliste (völlig wertfrei, einfach nur aufgelistet, eins, zwei, drei) und ein Personenregister. Das könnte nützlich sein, wenn denn Links gelegt worden wären, anstatt nur eine Seitenzahl nach der Person abzudrucken.
Leseempfehlung?
Für angehende Geschichtsstudenten, die einen schnellen und dabei doch umfassenden Abriß der griechischen Geschichte suchen — vielleicht, ebenso vielleicht für alle interessierten Laien.
Für den großen Rest der Menschheit eher nicht.
#ausgelesen
Umberto Eco: Nullnummer
(Was wohl der Hanser-Verlag für dieses mißratene Cover bekommen haben mag?)
Ecos letzten Roman könnte man als Schelmenroman bezeichnen. Jedenfalls geht er in die Richtung.
Er spielt im heutigen (zur Zeit der Niederschrift) Italien. Ein reicher Emporkömmling (Hotels, Zeitschriften) möchte in die feine Gesellschaft aufgenommen werden, beschließt, eine Zeitung zu verlegen, die nie erscheint. Hört sich komisch an, ist auch so. Die Idee ist, in dieser Zeitung Themen so zu bearbeiten, daß der Leser meint, die Zeitung hätte brisante Informationen über Mitglieder der feinen Gesellschaft, und diese wäre dann erpreßbar. Das funktioniert natürlich nur — wie jede Erpressung — wenn das Pulver nicht verschossen wird. Dieser Verleger wird nur der Commendatore genannt, eine Analogie natürlich zu Berlusconi, Cavaliere.
Damit es nicht so einfach bleibt, zieht Eco eine weitere Ebene ein: Der Chefredakteur dieser Zeitung (Erinnerung: Es soll nie eine Nummer erscheinen) beauftragt den Ich-Erzähler, ein Buch über diese nie erscheinende Zeitung (als Ghostwriter) zu schreiben.
Der Roman selber spielt binnen weniger Monate zwischen April und Juni 1992. Nur soviel: Verschwörungstheorien (Mussolini hat bis 1968 in Italien gelebt, die gesamte italienische Nachkriegsgeschichte mit den roten Brigaden, Gladio, P2, Mafia, Falcone, Aldo Moro…) ist ohne Mussolini nicht denkbar, ein Mord (der mit den Recherchen zu Mussolini zusammenhängt), und auch eine Liebesgeschichte.
Dazu ist das Buch raffiniert komponiert in eine Rahmenhandlung. Nur daß die schließende Klammer der Rahmenhandlung nicht am Ende steht, sondern etwa bei 75%. Und voller Anspielungen auf Bücher. Ich habe wenigstens Edgar Allen Poe gefunden, Alexandre Dumas, Herman Melville, Robert Musil, und ganz sicher sind mir weitere entgangen. Da blitzt dann der Schalk des Eco durch 😉
Ich fand das Buch anfangs zäh zu lesen, ab dem zweiten Drittel dann (mit der Mussolini-Geschichte) nimmt es dann ordentlich Schwung auf.
Es ist ein wenig zwitterhaft: am Besten beschreibt man es wohl als breit ausgewalzte Streichholzbriefe in Romanform. Als Italiener in den 90-ern des vorigen Jahrhunderts konnte man das sicherlich sehr viel besser würdigen als grumpiger Vorpommer heute.
Leseempfehlung? Ja klar! Es ist ein Eco, sicherlich nicht sein bester, aber immernoch weit über dem Niveau durschnittlicher Literatur.
#ausgelesen