Der 13-jährige fand nichts mehr, was ihn zum Lesen verleiten könne, und da dachte ich mir: Verschwörungstheorie, Geschichte, Action, das müsse einem Knaben seines Alters doch zusagen, und so kam ich auf Dan Brown. Meine Hood meinte, das könne schon was sein, es sei aber wohl besser, wenn ich mitläse, da das Buch doch stellenweise erklärt werden müsse.
Nachdem ich nun das Buch durchgelesen habe: Ja, das ist so.
Ein irrer Plot: Die Illuminaten, ein Orden der Wissenschaft, wollen die katholische Kirche vernichten. Dazu bringen sie den Papst um, besorgen sich aus dem CERN Antimaterie, um den gesamten Vatikan zu pulverisieren, vorher werden noch die aussichtsreichsten vier Papstkandidaten hingerichtet. Dafür bedienen sie sich eines Meuchelmörders, der bei jedem Auftauchen für auch den unaufmerksamsten Leser deutlich als Araber gekennzeichnet wird.
Der Retter ist (Überraschung!) ein Amerikaner, eine Art Indiana Jones. Eine angedeutete Liebesgeschichte mit angedeutetem Sex ist auch dabei.
Der Roman ist insgesamt billiger Schund.
Die Geschichte stimmt hinten und vorne nicht, was so schlimm nicht wäre, schließlich ist es ein Roman. Allerdings hält nichts, wirklich nichts einer Überprüfung stand, das ist schon arg. Wikipedia listet das gut auf.
Es geht um den behaupteten Gegensatz von Wissenschaft und Religion. Bei Brown wird daraus eine Konkurrenz von zwei Religionszentren: Vatikan und CERN. Ja, richtig gelesen. Im Roman ist das CERN die Zentralkirche aller Wissenschaft und ihr Direktor Kohler ist der Papst.
Der Held ist Professor für Symbologie (ich hab’ Seminare zu christlicher Ikonographie besucht — sowas wie Symbologie gibt es nicht) natürlich in Havard, wo denn sonst. Seine Mitheldin ist Wissenschaftlerin am CERN, Meeresbiologin. Was auch immer Meeresbiologen am CERN suchen. Ach ja, sie ist auch noch Teilchenphysikerin, vielleicht deshalb. Die beiden sind also die ganz Guten, es gibt noch subalterne Gute. Und dann gibt es den Schlächter. Den Assassinen, den Meuchelmörder. Und da wird es ganz übel, weil eindeutig rassistisch. Brown wird nicht müde zu betonen, daß das ein Araber ist (und als Prototyp namenlos bleibt), der gene mordet, Frauen mißhandelt, erniedrigt und vergewaltigt. Natürlich wird er von dem amerikanischen Helden besiegt, natürlich in allerletzter Sekunde.
Am Ende steht übrigens eine komplette Volte: Es waren gar nicht die Illuminati. Das rettet den Plot aber auch nicht mehr.
Handwerklich ist der Roman gut gemacht, mit einer Schwäche: Die Spannungsbögen werden grotesk überdehnt. Ansonsten aber: Flott geschrieben, abwechslungsreich, die einzelnen Kapitel ahebn eine Lesezeit von maximal 5 Minuten. Abrupte Ortswechsel, harte Schnitte, fast wie ein Film.
Leseempfehlung? Nein. Wenn ihr was in der Richtung Verschwörungstheorie, Action sucht, kuckt euch mal bei Stieg Larsson um. Der hat wesentlich mehr Substanz.
#ausgelesen