Für unsere beiden Kleinen, 5. und 7. Klasse, war heute Tag zwei der “großen Ferien” — zumindest für die Kleine, die feiert erstmal ab. Der Große sieht auch das Lerndefizit, der ist verantwortungsbewußter.
Die Nachricht über die Schulschließungen ab gestern, also Montag, kamen am Sonnabend davor, allerdings nicht wirklich überraschend. Alle anderen Flächenländer hatten ja schon Schließungen angekündigt.
Und nun wird bitter offensichtlich: Die Digitalisierung wurde voll verkackt, auf allen Ebenen. Es gab und gibt einfach keine Pläne, was zu tun ist, jedenfalls bei uns nicht (sie gehen auf unterschiedliche Schulen)
Im lokalen Wurstblatt (paywalled, wie 95% im Wurstblatt — PDF hier) wird betont:
Aufgaben für zu Hause zu erteilen, sei kein Problem. „Wir haben einen E‑Mail-Verteiler, über den wir alle Eltern erreichen können“
DAS ist dort “kein Problem” — man hat je einen E‑Mail-Verteiler🤦♂️ Und ab morgen soll dann also eine Lernsoftware bereitstehen. Das hat man in den letzten 10 Jahren nicht hinbekommen und will es jetzt in zwei Tagen stemmen? Never! Nicht wenn man sich die Homepage ansieht. Text als Grafik — hallo MacFly?
Etwas besser ist es beim Großen: Da hat die Schule immerhin schon ein Moodle gehabt, bis vor kurzem fast inhaltslos, aber das wird gerade gefüllt. Die Logins gehen über unverschlüsseltes HTTP wie die ganze Site 😠.
Nun ist es allerdings ungerecht, zuerst die Schulen auszulachen. Der Große ist Schülervertreter und kam neulich von einer Versammlung zurück: Die Schule bekommt 250.000 € für “Digitalisierung” — das bedeutet: Man könnte in jeden Klassenraum ein Präsentationssystem stellen (also Beamer, digitales Whiteboard) — und dann wäre das Geld alle. Rechner sind in dem Preis noch gar nicht drin, wahrscheinlich soll der Lehrer den Beamer von seinem privaten Smartphone befüttern? Technische Schulden, die die Politik zu verantworten hat.
Aber nicht nur. Ich habe ja nicht nur kleine, sondern auch große Kinder. Die ganz Große ist Klassenlehrerin in einer Grundschule Regionalschule in einer Kleinstadt in der Nähe und berichtet seit Jahren, daß die Schulleitung gar kein Interesse an dem neumodischen Schnickschnack hat — “Das haben wir noch nie so gemacht” — sie haben eine echte Digitalisierung nie eingefordert, aus Desinteresse. Wird wohl nicht die einzige Schule in DE sein, in der das so ist.
Es gibt also Schulen wie das Gymnasium des großen Kleinen, da versucht man es wenigstens. Es gibt Schulen der Kleinen, da tut man so als ob, und es gibt Schulen wie die der Großen, da sitzt man es aus.
Und alle sind auf sich allein gestellt. Die einen haben ihre Mail bei gmx, andere bei Schlund und Partner, Homepages werden bei Dienstleistern gehosted oder die Schule kauft einfach Webspace irgendwo — es ist ein Graus.
Bildung ist ja (leider) Ländersache. Die Länder betreiben Landesrechenzentren. Verfickt noch mal: Wieso kann nicht solch ein LRZ sämtlichen Schulen im jeweiligen Land eine Plattform, von Mail über Messenger bis zur Lernplattform bereitstellen?
Was machen die Bildungsminister eigentlich beruflich?
Ich erinnere mich an damals™ bei Google+, als Kris Köhntopp von der Schule seines Sohnes in Holland berichtete. Das las sich sehr paradiesisch.
In diesem Land gibt es keine digitale Bildungspolitik, nur eine amateurhafte Simulation