Was für eine irre Geschichte! Mord, Inzest, Homosexualität, Sex sowieso, Abschlachten von tausenden Feinden, Machtpolitik, alles was eine BILD-Story braucht.
Und alles im AT belegt.
Der Plot: König Salomo braucht, wie jeder anständige Despot, eine Legitimierung seiner Herrschaft. Anno dunnemals legitimierte man als Herrscher sich über den Vater: König David. Und so wird eine arme Sau, Geschichtsschreiber, der Ich-Erzähler und Held der Geschichte, auserkoren, eine Geschichte des König Davis zu schreiben, aber natürlich nur: Um die Herrschaft von König Salomo zu legitimieren.
Der Schreiber (Namen vergessen, kann man sicherlich googlen), ist eine arme Sau. er wird zwar in die Geschichtskommission aufgenommen, hat aber nur eine Aufgabe: Geschichte schreiben. Doch was ist das: Geschichtsschreibung? Geschichte aufschreiben, so wie sie war? Wie war sie denn? Unser Schreiber fragt Zeitzeugen, alle schon, so sie denn noch leben, alt. Woran erinnern sie sich? Woran nicht?
Doch das ist alles nicht das Problem: Dieses ist: Er muß Salomo als legitimen Nachfolger von David historisieren, doch es stellt sich raus: David war in vielerlei Hinsicht ein Arschloch, ein Drecksack, ein Mistkerl. Zeugen und Beweise gibt es genug. Und nun?
And now for something completely different: Stalin und Lenin. Denn das ist ein Thema des Romans: Stalin kann nur als legitimer Nachfolger von Lenin Landesvater sein. (Ich lese gerade Archipel Gulag: Nicht Stalin hat den Terror eingeführt: Lenin war es)
Da kommt eine Figur in dem Roman vor; Benaja Ben Jehohaja, Chef der Kloppertruppe. Ich lese das also und stolpere; Jehohaja hört sich sehr nach Jagoda an — aber da haben mein Synapsen wohl hyperventiliert. Hätte aber wunderbar gepaßt.
In meinen Augen hat der Roman drei Themen:
- Der ganz normale Stalinismus, der etwas verlangt. Und wer der Erwartung nicht entspricht, wird erschossen, erschlagen, ausradiert.
- Die zurückgenommene Aufarbeitung des Stalinismus unter Breshnew.
- Die Rolle des Historikers/Schriftstellers.
Anfangs bin ich mit der (gekünstelt) altertümlichen Sprache nicht warm geworden; man gewöhnt sich daran.
Es gibt in dem Roman unübersichtlich viele Personen und Orte (war mag, kann ja die entsprechenden Stellen im AT nachlesen, dort wird es nicht anders sein) — da hätte man X‑Ray in das E‑Book einbauen nicht nur sollen, sondern müssen.
Leseempfehlung? Ja, ganz klar.
#ausgelesen
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