Heym schreibt über den 17. Juni 1953 in Berlin, er hat es erlebt. Er schreibt also als unbeteiligter Augenzeuge.
Die Erzählung beginnt am 13. und endet am 17. Juni, sie spielt im VEB Merkur, einem fiktiven Betrieb in Berlin. Held ist der Gewerkschaftschef Martin Witte, (natürlich) ein SED-Genosse.
Die Arbeitsnormen sind gerade staatlicherseits rabiat erhöht worden, Witte ist Gewerkschafter genug, für die Arbeiter einzutreten und die Erhöhung abzulehnen — bis hin zum Minister geht er. Das bringt ihn natürlich in Konflikt mit seiner Partei, auch die Stasi ist involviert.
Tatsächlich (es ist nicht Wittes Verdienst) wird die Normerhöhung zurückgenommen, doch es ist zu spät. Die Bewegung ist eine diffus politische geworden, immer wieder geht es um den Gegensatz “wir hier unten” und “die da oben” Es ist 1953, also 20 Jahre nach 1933, viele Arbeiter erinnern sich noch an die Arbeitskämpfe bis zurück zum Kaiser. Doch jetzt ist es ja eine Arbeiterrepublik, angeblich — wie kann man als Arbeiter gegen deren Führung streiken? Denn es geht nicht um Aufstand, sondern um Streik, bis hin zum Generalstreik. Eine Führung gibt es übrigens nicht, hat es wohl auch in der Realität nicht gegeben.
Der Roman hat einige Seitenlinien: Eine Liebesgeschichte, die Rolle des RIAS, die sowjetische Verwaltung, die weiter sieht als die SED-Kader, die Rolle der West-SPD. Mindestens zwei Erschossene gibt es auch.
Was mir das Lesen schwer gemacht hat: Die Sprache. Die Sprache aller beteiligten ist stalinistisch: Auf welcher Seite stehst Du, wir oder sie, sowas eben. Das mag damals so gewesen, heute liest sich das wie aus dem Mittelalter. Teilweise meint man, ein Brechtsches Lehrstück zu lesen:
Dabei bedachte sie
in bezug auf Gadebusch:
daß du mir bei der Hitze nicht vergißt abends zu sprengen hat er gesagt ich will nicht daß mir der Rasen verbrennt bloß weil ich mit muß auf den verdammten Ausflug
Ich finde das Buch schlecht geschrieben, und inhaltlich finde ich die Form dem Gegenstand nicht angemessen.
Große Worte eines kleinen Bloggers gegenüber Heym, das ist mir bewußt. Aber wer einen Zugang zu Heym sucht, dem würde ich anderes empfehlen, den König David Bericht etwa.
Interessant aber ist der Roman auf jeden Fall wegen seiner Veröffentlichungsgeschichte (er durfte in der DDR erst 1989 erscheinen)
Leseempfehlung? Nein, es sei denn, man ist sehr speziell interessiert
#ausgelesen