Open Source wird überbewertet

Die Aus­sa­ge, bei OSS kön­ne jeder den Code ein­se­hen, über­prü­fen und nach Belie­ben ändern, stimmt natür­lich. Nur macht es kaum jemand.
Bei­spiel open­s­sl bei Debi­an:¹ 2 Jah­re lang flog jedes Debi­an fak­tisch ohne Zufalls­zah­len durch die Welt, und kei­ner hats mit­be­kom­men. Bis auf viel­leicht ein paar Geheim­diens­te, die das aber nicht ver­ra­ten haben…
Oder Chro­mi­um: Das ist kom­plett OSS — und auch kom­plett Goog­le. Selbst­ver­ständ­lich bestimmt Goog­le, was wie gemacht wird. Apa­che, Docker, Libre­Of­fice — über­all ste­hen Gate­kee­per, die dar­auf ach­ten, daß eben nicht jeder den Code ändert.
Vor­tei­le gibt es allen­falls für wirk­lich gro­ße Fir­men, die es sich leis­ten kön­nen, intern ent­wi­ckel­te Code­än­de­run­gen auch über Jah­re wei­ter­zu­pfle­gen. Face­book und PHP ist so ein Bei­spiel, booking.com auch. Das sind aber auch Schwer­ge­wich­te, 99,9% aller OSS-Anwen­der wer­den wohl nie einen Blick in den Code wer­fen oder gar ihn anpas­sen, son­dern ein­fach die Bina­ries instal­lie­ren und star­ten. Da gibt es gar kei­nen Unter­schied zu Clo­sed Source.

Ein ande­rer Hand­lungs­strang: Wir sind kaum noch an Ursa­chen­for­schung inter­es­siert, also an einer Ant­wort auf die Fra­ge, war­um irgend­ein Ereig­nis ein­ge­tre­ten ist. Das ist was für Aka­de­mi­ker, aber nicht für den All­tag. Im All­tag geht es nur noch um Wahr­schein­lich­kei­ten, mit denen ein Ereig­nis ein­tref­fen wird. Der Spam­fil­ter soll den meis­ten Spam aus­fil­tern, das auto­no­me Auto auf den meis­ten Stra­ßen fah­ren kön­nen, pre­dic­ti­ve poli­cing soll die meis­ten Ver­bre­chen ver­hin­dern (zum Preis von Kol­la­te­ral­schä­den), Schufa-Scoring das Ban­ken-Risi­ko min­dern usw. usf. Und die KI rech­net dann. Die KI ist dabei ein gro­ßer schwar­zer Raum, den nie­mand mehr ver­steht — und auch nicht ver­ste­hen muß.
Wer aber die­se Berech­nun­gen mit mög­lichst gro­ßer Genau­ig­keit machen kann, der braucht Daten. Rie­si­ge Men­gen an Daten. Denn je mehr Daten, des­to genau­er wer­den die Berech­nun­gen, des­to bes­ser las­sen sich die­se Rechen­er­geb­nis­se mone­ta­ri­sie­ren. Und die Daten sol­len wir lie­fern, frei­wil­lig. Und der Daten­ha­fen wird unse­re Daten nicht wie­der her­aus­ge­ben, jeden­falls nicht ohne sie vor­her kopiert und ver­ar­bei­tet zu haben. Und an die Kon­kur­renz gehen die Daten natür­lich gleich gar nicht. DAS ist der Grund für die gan­zen wal­led gar­dens: Face­book, gmail, Info­tain­ment-Sys­te­me in Autos, Rabatt­mar­ken-Sys­te­me… Man will an unse­re Daten.
Und ob wir die mit open oder clo­sed source frei­wil­lig her­ge­ben, ist dabei völ­lig egal.

Des­we­gen: Daten sind das Öl der Zukunft, nicht Soft­ware. Wir brau­chen Open Data. Ja, auch die Daten, die wir an Face­book & Co. ver­schen­ken, sol­len open sein, natür­lich ohne sie auf ein­zel­ne Per­so­nen zurück­füh­ren zu kön­nen. Und wis­sen­schaft­li­che Daten sowieso.


¹ Ja, das ist ein altes Bei­spiel. Aber pro­mi­nent und typisch. Es gibt genü­gend wei­te­re Beispiele.

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