Geständnis: Ja, ich bin SPON-Leser. Ublock Origin ist soweit konfiguriert, daß SPON lesbar ist, auch der Beitrag, um den es geht: Kühnerts Kapitalismuskritik — von dem alle reden, den kaum jemand gelesen zu haben scheint. Hier ist er, zur Referenz.
Schätzungsweise ist man ja in Hamburg sauer, daß München den Scoop gelandet hat: seis drum, ist mir egal. Wichtig ist nur, was gesagt wurde, danach von wem und zuallerletzt, wer es gebracht hat.
Und das Interview zeigt eins: Das war kein Zufall. Beide. Interviewer wie Interviewter, sind gut vorbereitet, und so geschliffen wie der endgültige Text geworden ist, darf man davon ausgehen, daß er redigiert wurde. Da hat jemand ganz genau gewußt, was er sagt, und der Journalist hat ganz genau gewußt, was er fragen muß — und doch ist es kein Stichwortwerfen.
Dieses Interview ist auch ein Beispiel für guten Journalismus!
Und nun stellt sogar SPON als Sturmgeschütz des saturierten Bildungsbürgers fest, daß Kühnerts Thesen mindestens diskutierenswürdig sind, sine ira et studio. Das Erfrischende ist ja, daß Kühnert die Unzulänglichkeiten unserer Gesellschaft überzeugend und unverkopft bringt. Der Mann ist 29, das ist ein schönes Alter: zu alt, um jeden Unfug mitzumachen, zu jung, um dem Bausparvertrag hinterherzuhecheln.
Gott, man stelle sich vor, die Zeit hätte eine Homestory mit Philipp “Phrasendrescher” Amthor gebracht — DAS ist gruslig!
Natürlich wird in spätestens zwei Wochen niemand mehr über dieses Interview reden, doch für mich wird bleiben: Da hat sich jemand wirklich tiefe Gedanken um Gerechtigkeit gemacht, und das scheint in der Politik sehr selten zu sein.
Ob das alles kluge Gedanken sind? Vielleicht nicht, aber besser allemal als der Rest, der sich gar keine Gedanken macht, sondern pöbelt.
Mehr Kühnerts braucht das Land!