Opensource ist unwichtig

Mit den Jah­ren reagie­re ich immer all­er­gi­scher auf die völ­lig unre­flek­tier­ten Jubel­ge­sän­ge pro OSS.

OSS hat einen ein­zi­gen Vor­teil: Umsonst in der Anschaf­fung. Jeder wei­te­re behaup­te­te Vor­teil, ins­be­son­de­re daß OSS siche­rer sei weil ja jeder rein­se­hen kann, scheint mir rea­li­täts­fern: Denn es sind IMMER die ande­ren, die ja rein­schau­en kön­nen. Wor­aus folgt: Nie­mand schaut rein. Oder? Wer von euch hat denn den Quell­code zum Linux Ker­nel, zu Open­Of­fice, Fire­fox, Gno­me… gele­sen? Und lesen allein ist ja kom­plett sinn­los, man muß auch noch kom­pe­tent sein. Nein, wir haben nicht ein­mal den Quell­code für /bin/true gele­sen. Oder?
“Die Com­mu­ni­ty” ist auch eine schö­ne Vor­stel­lung — allein: die Ent­wick­lungs­kos­ten für die wirk­lich gro­ßen OSS-Pro­jek­te zah­len Fir­men, indem sie Pro­gram­mie­rer bereit­stel­len. Und die arbei­ten wohl eher nach Vor­ga­ben ihrer Arbeit­ge­ber als nach unse­ren Issue­tra­cker-Tickets. (Mir fal­len auch vie­le Aus­nah­men ein, aber die ändern nichts am Prinzip)

Die Zei­ten, in denen ein Stu­dent einen Ter­mi­nal Emu­la­tor schreibt und hin­ten ver­se­hent­lich ein Ker­nel rau­spur­zelt, der dann die Welt erobert — die sind vorbei.

Nein, es geht um etwas ande­res: offe­ne Pro­to­kol­le und offe­ne Datei­for­ma­te. Im Inter­net, gibt es da noch pro­prie­tä­re Pro­to­kol­le? Mir fällt nichts ein. Außer­halb sicher­lich, aber auch da fällt mir gera­de nichts ein.
Aber die offe­nen Datei­for­ma­te: Da ent­schei­det sich m.E. die Zukunft. Wir sehen ja den Kampf: Micro­soft hat­te sei­ne völ­lig geschlos­se­nen Office-For­ma­te und muß­te dann (wegen der Regie­rungs­auf­trä­ge) neue For­ma­te erfin­den: Office Open XML, das so kom­plex ist, daß nie­mand, auch MS sel­ber nicht, es voll­stän­dig imple­men­tiert. Ange­rei­chert dann um eine zu allen ande­ren inkom­pa­ti­ble Makro­spra­che, so daß auch heu­te noch .docx auto­ma­tisch als “Word-Doku­ment” ver­stan­den wird — was falsch ist. Micro­soft Word kann docx schrei­ben, Apple Pages kann es, Libre­of­fice kann es, Papy­rus Office kann es… Ja, die Doku­men­te sehen viel­leicht über­all leicht anders aus, aber wer defi­niert denn, was “rich­tig” und was “falsch” ist?

Ich bin davon über­zeugt, daß unse­re digi­ta­le Frei­heit zuerst an offe­nen For­ma­ten — und danach viel­leicht an quell­of­fe­nen Ver­ar­bei­tungs­pro­gram­men — hängt.

Und der Titel die­ses Posts ist natür­lich mit Absicht provokant 😉

1 Comment

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  1. uah

    bull­shit

    Klar liest kaum jemand Source­code — aber das bedeu­tet so wenig dass die Fähig­keit dies zu tun unnö­tig ist, wie das bei der Frei­heit “selbst­ge­bau­te Elek­tro­nik auf Bän­dern um 2,4 und 5 GHz benut­zen zu dür­fen” ist. Nie­mand lötet sei­ne eige­ne Elek­tro­nik — und doch ste­cken Bau­tei­le in fast jedem Com­pu­ter die das tun. (WLAN, Blue­tooth, DECT, pro­prie­tä­re Tastaturen/Mäuse, FPV-Quadcopter, …)

    Mit frei­em Code kom­men halt vie­le abge­lei­te­te Frei­hei­ten. Sei es den Code selbst zu com­pi­lie­ren (Soft­ware die es sonst nur bei Goog­le Play gibt, jetzt auch bei FDroid!), Tei­le der Funk­ti­on nach­zu­voll­zie­hen (was macht die Coro­na Warn App wirk­lich?), Code auf ande­re Plat­for­men zu por­tie­ren (VLC auf Android? Con­ver­sa­ti­ons auf Linux?), Forks zu bau­en wenn der Ori­gi­nal­au­tor den Code nicht wei­ter pflegt und viel mehr.

    Du kannst schon sagen “aber nichts davon mache ich selbst”, aber ganz offen­sicht­lich haben sich vie­le Open­So­ur­ce-Pro­jek­te über Jahr­zehn­te wei­ter­ent­wi­ckelt, wäh­rend Free­ware-Sachen meist weni­ger als eines leben. Das hat nicht nur was mit mora­li­schen Erwä­gun­gen zu tun. 

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