Na nein, besser ist das falsche Wort — relevanter vielleicht?
Hintergrund: Mir lief gerade mal wieder die Kuh im Propeller über den Weg, ein Klassiker für viele DDR-Bürger.
Man kann das für lustig halten — und ja, es ist nicht nur lustig, sondern zum Schreien komisch. Da ist auf der einen Seite der Text aus den sowjetischen 20-ern. Eine feine Satire in einer großartigen Zeit, in der sowas wie Der Meister und Margarita geschrieben werden konnte. Auf der anderen Seite sind da die 60-er Jahre in der DDR unter Ulbricht, geprägt vom Bitterfelder Weg und dem sozialistischen Realismus. Und dann kommt da der Krug und rezitiert einen sowjetischen Schriftsteller (sowjetisch hieß: sakrosankt) mit einem spöttischen
Einen Agitator (Ich war in der FDJ selbst ein solcher) zu beleidigen oder nur lächerlich zu machen war eher nicht gut. Warum das jahrelang gut ging? Man kann nur vermuten: Die Zensoren waren zu dumm.
Das blieben sie dann auch all die Jahre.
Auf der zehnten Kunstausstellung wurde Mattheuers Jahrhundertschritt ausgestellt — wie konnte das passieren?
(ich halte das für plastisch eher mittelmäßig) Aber: Das hat Sprengkraft, das war in dieser Deutlichkeit ungesehen bislang.
Andere hatten zur selben Zeit andere Themen, ich nehme mal exemplarisch Christa Wolf: Kassandra. Ein hochintellektuelles Büchlein, dessen Sprengkraft (es ist die Zeit des NATO-Raketenbeschluss, der SS-20 auf der einen und der Pershings auf der anderen Seite) aus der Erzählung selber kommt, aber noch mehr aus den Frankfurter Vorlesungen hintendran. Und die waren in der DDR-Ausgabe nicht vollständig, die Auslassungen waren aber markiert durch Ellipsen ([…]
) Und ich weiß noch sehr genau, wie das DDR-Büchlein von Hand zu Hand weitergegeben wurde: Mit den auf einer Schreibmaschine aus der Luchterhand-Ausgabe ergänzten Auslassungen, teils in drittem oder viertem Durchschlag (mehr geht wirklich nicht) oder per Ormig vervielfältigt.
In der Rockmusik gab es eine “Staatsband”, die Puhdys. Die singen dann 1984, in finsterster DDR, zu Zeiten von Mattheuer und Wolf dieses:
Und ich habe hier nur je ein Bespiel aus bildender Kunst, Literatur und Musik genommen — es gab so viel mehr.
Meine Theorie (zugegeben: die hat mir mein Archäologie-Prof im Seminar zu römischen Kaiserporträts eingepflanzt): subversive Kunst entsteht in repressiven Umgebungen.
In Demokratien hat Kunst es schwer, anders als beliebig zu sein.
Lesenswert: https://www.aufbau-verlag.de/index.php/zwischen-den-zeiten.html
Danke, habs mir runtergeladen, war ohnehin auf der Suche nach neuer Lektüre.