Soweit bekannt, wurde Nawalny vergiftet. Moment, nicht Alexei Nawalny, sondern der Putinkritiker Nawalny, der Kremlfeind Nawalny und was dergleichen Epitheta es noch geben mag. Das ist er sicherlich alles — doch damit ist natürlich auch die Richtung vorgegeben: Putin wars! Der Kreml wars! Fraglos!
Ich hab’ da aber doch Fragen: Rußland ist ein Riesenreich, ein föderaler Staat, bekanntermaßen der größte Staat der Welt. So einer funktioniert nur mit einer Reihe Lokalfürsten, die ihrerseits Zaren in teils riesengroßen Unterreichen sind. In Tomsk war Wahlkampf, in dem Navalny mitgemischt hat. Und so wird er wohl auch in anderen regionalen Wahlkämpfen mitmischen. Das ist sein gutes Recht, wird aber manchen (aus Moskaus Sicht) Duodezfürsten nicht gefallen. Und die sind nicht zimperlich, ein Menschenleben zählt da nicht viel.
Und noch etwas; Navalny ist ja nicht nur ein Putinkritiker, sondern auch ein reicher бизнесмен — die hießen schon zu sowjetischen Zeiten so und waren schon damals mehr oder minder skrupellos (es gibt hervorragende sowjetische Krimis!)
Nawalny ist auch der, der über diverse Firmenverstrickungen (darunter eine Offshore-Firma auf Zypern) zusammen mit seinem Bruder Yves Rocher abgezockt hat. Macht man das als kreuzehrlicher Demokrat? Hat man dafür überhaupt Zeit?
Ich habe keine Ahnung, ob es noch mehr solcher Geschichten gibt — es wunderte mich nicht. Da gäbe es ebenfalls potentielle Mordbuben.
Hierzulande scheint es ausgemacht, daß Putin der Mörder ist. Ich behaupte: Gar nichts ist ausgemacht.
Und natürlich wünsche ich ihm, daß er geheilt aus dem Krankenhaus kommt, was denn sonst.