Jetzt ist meine Kleine (11) explodiert, und das kam so:
Ich wollte schon seit 2018 den neuen Kindle haben, wegen der planen Oberfläche. Selbstverständlich ist das kein Grund für ein neues Gerät von immerhin 100 Euro. Es sei denn, ich bekomme die Kleine dazu, mir meinen alten abzunehmen 🙂 Und so konnte ich sie beschwatzen (Nebenbei: Sie dachte, man kauft das Teil und hat dann nur die Bücher drauf, die man mitkauft und kann nie andere draufpacken. Nachdem ich sie über ihren Irrtum aufgeklärt hatte, wollte sie unbedingt meinen Kindle haben, wir haben dann zwischen Amazon Black Friday und Weihnachten uns mein Gerät geteilt)
Ihr “großer” Bruder (13) liest schon seit 2 Jahren auf Kindle, der frißt gerade Moers Zamonien-Reihe, ihr ist der Umgang mit einem e‑Reader also durchaus vertraut.
Seit Weihnachten sind Ferien, und so habe ich fast jeden Abend im Ehebett:
- eine Gattin
- eine Tochter
- einen Sohn
- einen Kater
Das wird dann eng, wenn ich dazukomme…
Die Kleine verschlingt jeden Abend ca. 2 Stunden Carola Funke, die Tintenherz-Romane.
Sie haben beide schon vor den Kindles gelesen, auch viel. Harry Potter jedenfalls vollständig. Aber ich behaupte: die E‑Reader machen das Lesen einfacher. Keine dicken Wälzer im Bett, keine Probleme mit dem Licht. Wahr ist allerdings auch: Es geht etwas verloren, nämlich das Verhältnis zum physischen Gegenstand Buch. Als ich in ihrem Alter war, hatte meine Großmutter ihre Enkel mit Büchern versorgt. Das waren aber keine einfachen Taschenbücher, sondern großformatige, reich illustrierte Bücher. Stevenson, Swift, Verne, Klassiker halt. Fadenbindung, hohe Qualität, und das kostete wenig. Auch ein Grund für “Leseland DDR”. Das geht natürlich komplett verloren, selbst wenn Illustrationen im E‑Book sind. Ein gut gemachtes Buch ist hohe Kunst, die unweigerlich verloren gehen wird, so wie es auch keinen mehr gibt, der das Book of Kells abschreibt. Das ist sehr schade, aber unvermeidbar. Und noch etwas sehe ich leider sterben: Das Stöbern. Noch als junger Mensch war bei Besuchen oftmals die Begutachtung des gastgeberlichen Bücherregals völlig normal. Und natürlich hat man auch mal ein Buch rausgenommen und den Besitzer beneidet, weil er die gebundene, man selbst aber nur die Taschenbuchausgabe hatte. Oder er hatte die unzensierte Luchterhand-Ausgabe von Kassandra — Waaaahnsinn! Im Kindle-Shop stöbern ist da nicht vergleichbar.
Aber, nun: so ist es eben.
Wichtig ist: sie lesen. Solange Kinder lesen, ist alles gut.
Zweites, damit nur leicht zusammenhängendes Thema: Klassiker-Übersetzungen. Ich nehme mal, da eigene Erfahrung, Dostojewskis Schuld und Sühne als Beispiel. Keine leichte Kost, sollte man aber zumindest mal versucht haben. Jredenfalls gibt es bei all diesen fremdsprachigen Klassikern immer wenigstens 2 Varianten: Eine (oder mehrere) moderne Übersetzungen und wenigstens eine alte Übersetzung. Die Grenze zwischen modern und alt läßt sich berechnen: now() - 70 Jahre
. Weil auf Dostojewskis Werk zwar kein Copyright mehr liegt, auf den Übersetzungen aber schon, sofern der Übersetzer noch keine 70 Jahre tot ist. Dasselbe gilt übrigens für Noten: JSB ist zwar schon 1750 gestorben, deswegen darf man aber sein WO, wie es bei Breitkopf & Härtel erschienen ist, nicht einfach kopieren.
Zurück zu den Übersetzungen: Natürlich schielt man zu den gemeinfreien, einfach weil die entweder spottbillig sind (in der Regel ein Euro) oder gar ganz kostenlos. Aber sie sind dann eben auch sprachlich mindestens 70 Jahre alt, vielleicht auch 100 oder gar mehr. Das liest man. Aber ist das schlecht? Ich bin nicht sicher. Schuld und Sühne ist 1866 erschienen, da haben die Russen anders als heutige Russen und die Deutschen anders als heutige Deutsche geschrieben. Insofern wäre doch eine alte Übersetzung näher am Original als eine moderne?
Andererseits: 1866 war das ein moderner Roman. Insofern wäre doch eine moderne Übersetzung näher am Original als eine alte?
Jedenfalls kann ich nur eins empfehlen: Gebt den Kindern was zu Lesen!
Der rest wird dann schon 🙂